Hörbeispiele aus dem Landkreis Erlangen-Höchstadt

Seit Mai 2015 veröffentlicht die überregionale Klavierstimmerei Praeludio® auf einer eigenen Seite Hörbeispiele von Klavierstimmungen aus dem Landkreis Erlangen-Höchstadt. Die Audiodateien sind ausgelagert. Wenn Sie auf ein Hörbeispiel klicken, öffnet sich die neue Seite hearthis.at/praeludio

Wilhelm Steinberg - ein Klavier mit mangelhafter Spielart

Wilhelm Steinberg verstimmt Wilhelm Steinberg gestimmt

Die Klavierstimmerei Praeludio® informiert Klavierspieler über die Erfahrungen im Klavierservice mit Klavieren unterschiedlicher Marken, Herkunftsländer sowie verschiedenen Alters. In diesem Hörbeispiel beschäftigen wir uns mit einem Klavier des Marke Wilh. Steinberg, die seit 1990 von der Thüringer Pianoforte GmbH hergestellt wird. Dieser Hersteller bietet mittlerweile offiziell 3 verschiedene Kategorien an:

  1. Premium = Material und Zusammensetzung der Teile Made in Germany.
  2. Material teilweise aus Deutschland, Zusammensetzung in Deutschland.
  3. Made in China mit Komponenten aus Deutschland.

Unser Klavier ist wohl Premium, da es über eine Renner-Mechanik verfügt. Demnach müsste es auch die Klaviaturen von Kluge beinhalten. Doch diese Klaviaturen scheinen ohne Gewichtung angeliefert zu werden. Wenn man nämlich die Tasten herausnimmt, so findet man eine einzige Taste, die mit Blei ausgestattet ist. Warum ist diese eine Taste ausgewogen? Offensichtlich wegen einer Fehlkonstruktion der Gussplatte. Denn die lässt für die Taste an der Schnittstelle von der Mittellage zum Diskant nicht genügend Raum. Daher musste man die Taste hinten schräg absägen. Scheinbar um den Verlust des Materials durch Gewichte auszugleichen, wurde hier gründlich mit Blei aufgefüllt.

Welche Folgen hat es, wenn man alle Tasten mit Gewichten versieht? Bei genauer Betrachtung stellt man fest, dass die Klaviermechanik am Ende der Taste sitzt. Die Taste ist somit ein Hebel. Hebel ermöglichen es, Kräfte zu dosieren. Das führt in der Konsequenz dazu, dass uns eine gute Klaviermechanik ein breites Dynamikspektrum bietet. Betrachtet man den Ablauf des Klavierspiels, so drückt der Finger des Spielers die Taste nach unten. Um den Ton erneut anschlagen zu können, muss die Tasten nach dem Anschlagen wieder in die Ausgangsposition zurückkehren. Umso schneller die Taste sowie die Mechanik wieder bereit sind, angeschlagen zu werden, desto anspruchsvollere Werke kann man mit dieser Klavier- bzw. Flügelmechanik spielen. Aus diesem Grund hat Sebastian Erard im Jahr 1823 für den Flügel die Repetitionsmechanik erfunden, mit der man die Töne noch schneller anschlagen kann. Anfang des 21. Jahrhunderts gelang es dem Amerikaner Fandrich die bislang einzige vergleichbare Repetitionsmechanik für das Klavier zu entwickeln. Werden die Tasten nicht ausgewogen, so besteht die Gefahr, dass die Taste für die Mechanik zu langsam in die Ausgangsposition zurückkehrt. Der erneute Anschlagsversuch wird blockiert. Der Ton fällt aus. Der genau genommen technisch bedingte Fehler wird dem Klavierspieler angelastet. Im schlimmsten Fall führt der Fehler dazu, dass man das Stück abbrechen muss. Derartige Probleme mit den Spielwerken in den Konzertflügeln waren zur Zeit der Pianistin Clara Schumann, der Ehefrau des Komponisten Robert Schumann, an der Tagesordnung. Aber das war vor fast 200 Jahren! Was also bezeichnen Klavierhersteller aus Deutschland bitte mit Premium, wenn die technische Basis nicht stimmt? Reicht es aus, wenn die Teile Made in Germany sind? Muss man daher nicht die Qualifikation der von der Werbung gepriesenen Fachleute hinterfragen, die in Deutschland diese Teile zusammenbauen? Es ist doch ganz offensichtlich, dass hier etwas nicht stimmt, denn das Phänomen von mangelhaften Klaviaturen, die die Spielart eher behindern anstatt sie zu optimieren, ist auch in den neueren Instrumenten noch existierender Klavierhersteller aus Deutschland relativ häufig anzutreffen. Wie rechtfertigt sich vor diesem Hintergrund der hohe Preis dieser Pianos mit dem Qualitätssiegel Made in Germany?

Vielleicht wundern Sie sich über meine Aufregung. Ja, ich muss gestehen, dass mich derartige Einsichten in die vermeidbaren Produktionsfehler ärgern. Schließlich kann man überall lesen, dass es keinem Klavierhersteller so richtig gut geht. Die meisten stehen bereits seit vielen Jahren mit dem Rücken zur Wand. Daher ist es doch nur eine Frage der Zeit, bis der Markt diese Art von Fehlern nicht mehr verzeiht. Dann wird es unaufhaltsam sein, dass auch in den letzten Klavierfabriken Deutschlands die Lichter ausgehen. Lesen Sie dazu meine Blogs:

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